Weihnachtsmärkte verteilt auf 1.243km Strecke. Das ist schon eine Leistung und es hat natürlich einen riesen Spaß gemacht. Hier die komplette Story:

Das haben wir uns schon im Spätsommer überlegt: Frau Hofmann aus Oberdachstetten hat uns die Weihnachtsmärkte der Region ans Herz gelegt und natürlich können wir uns das nicht verkneifen. Denn schließlich verspricht es eine Mischung aus Süßkram, Herzhaftem, romantischen Kulissen und weihnachtlichem Ambiente. Wir buchen wieder ein Zimmer im gleichnamigen Landgasthof und fahren Anfang Dezember Freitags hin.
Erster Tag: Rothenburg und Niederstetten
Wir kommen zeitig nach etwa 435km Strecke mit nur geringfügigen verkehrstechnischen Schwierigkeiten an, werden von Frau Hofmann herzlich begrüßt und kriegen ein schönes Zimmer direkt im Haupthaus. Da es noch früh ist fahren wir gleich weiter die kurzen 25km nach Rothenburg ob der Tauber zu unserem ersten Ziel. Entgegen aller Erwartungen ist der Parkplatz 4 am Galgentor mal wieder zum Bersten gefüllt und wie durch Zufall kriegen wir einen geeigneten Parkplatz ganz in der Nähe eines Einfallstores durch die Stadtmauer. Komisch: nur 2h Höchstparkdauer? Der Parkautomat will keine Münzen annehmen und ‚mit der App parken‘ will auch nicht funktionieren. Doch nach einer Weile haben wir es raus, werfen ein paar Münzen ein und tatsächlich: um 16:40 ist Parkende. Na, das ist aber nicht sehr touristentauglich.
Es hat sich ordentlich abgekühlt, ist stürmisch und ein leichter Regen stellt sich ein. Innerhalb der Stadtmauern ist nix los. Kaum jemand ist unterwegs. Das junge Mädchen mit dem Hund an der Leine hat keine Ahnung wo der Weihnachtsmarkt ist und die älteren Herrschaften schicken uns geradewegs durch die schmalen Gassen zum Rathausmarkt. Hier finden wir rund 10 Buden, davon noch eine besonders lange von Käthe Wohlfahrt und: das wars.
Gibt´s doch gar nicht. Wir fragen eine Dame am Stand: sie verweist mit einer ausladenden Geste auf die Buden und sagt sinngemäß: et voila: das ist der Weihnachtsmarkt – oder besser der Reiterlesmarkt. Öh, na gut, das hätten wir jetzt völlig anders erwartet. Nachdem wir uns wieder gefasst haben gehen wir noch ein paar Meter zum Baumeisterhaus mit einem Patrizierhof von 1596 als einzigartigem Gastraum und ich gönne mir eine Schweinshaxe damit ich mal so richtig in Schwung komme.
Draussen ist es so richtig unangenehm geworden und wir gehen ein wenig unschlüssig durch die Gassen bis wir uns entscheiden, einen anderen Weihnachtsmarkt zu besuchen. Angeblich soll es einen ganz märchenhaften in Niederstetten geben.
Das Navi ist schnell programmiert und die Fahrtstrecke ist mit 27km jetzt auch nicht die Welt. Mittlerweile ist es zappenduster und es ist immer noch kalt und feucht, ein legaler Parkplatz am Straßenrand schnell gefunden und der Eingang zum Weihnachtsmarkt liegt unmittelbar vor uns. Wir werden gebührend empfangen, und die kleine schnaufende Dampflok direkt vorne an begrüßt uns mit lauten Pfeifen.

Wenn man den Weihnachtsmarkt mit seinen zahlreichen Handwerksbuden entlang geht und an den verschiedenen Stellen kleine abgezäunte Areale mit liebevoll dekorierten Märchendarstellungen sieht, fühlt man sich schon ein wenig in die Kindheit zurück versetzt. Am oberen Ende des Ortes steht der Schimmelturm als Teil der wehrhaften mittelalterlichen Stadtbefestigung und direkt daneben in der Scheune finden Märchenlesungen für die kleinen Gäste statt, die gebannt der Oma mit dem großen Buch auf den Knien zuhören. Dieser Weihnachtsmarkt ist wirklich in vielen Details stimmig und sehenswert. Ein paar Bewohner haben dafür sogar ihre Garagen hergerichtet, mit weißem Stoff ausgekleidet und beherbergen z.B. das tapfere Schneiderlein oder die Eiskönigin.
Schließlich fahren wir wieder durch die Dunkelheit über lange kurvenreiche Kreisstraßen nach Oberdachstetten zurück, trinken noch etwas warmes und legen uns dann in die Falle.
Zweiter Tag: Nürnberg und Gut Wolfgangshof
Während des Frühstücks planen wir die weiteren Besuche und fahren los Richtung Ansbach. Aber wir sind noch nicht ganz da, da sehen wir auf den Hinweisschildern: och bis nach Nürnberg ist es auch nicht mehr soo weit. Also drehen wir bei, fahren weiter in östlicher Richtung und sehen bald die historischen Türme der Altstadt Nürnbergs. Im Zentrum in unmittelbarer Nähe zum Christkindelmarkt gibt es ein Parkhaus mit noch ein paar freien Stellplätzen aber dieses ‚Ding‘ ist der Horror. Auch wenn es sauber und hell ist, die Parkboxen sind so schmal (auch wegen der Pfeiler), dass es eine echte Herausforderung ist, seine Karre da richtig einzupflanzen. Glücklicherweise habe ich einen kleinen Wendekreis und komme anschließend mit Bauch und Po auch geradeso aus dem Auto raus.
Bis zum Nürnberger Christkindelmarkt sind es nur rund 200m – und es fängt kontinuierlich an zu regnen. Das ist nicht sehr angenehm und bald nerven uns die vielen unaufmerksamen Leute mit ihren Regenschirmen und den ausladenden Rucksäcken.

Uns fällt auf, dass der Anteil an handwerklichen Ständen hier um ein vielfaches größer ist als beispielsweise im Ruhrgebiet. Schnitzerreien aus dem Erzgebirge, Räuchermännchen, Sterne und gestrickte Klamotten, Stehrümchen ohne Ende stehen hier dicht an dicht. Die Händler sind ausgesprochen freundlich und wir kommen mit einigen in Kontakt.
Als Kerstin ein wenig in einer Auslage kramt stelle ich mich am Nebenstand mit Hüten ganz außen frierend und schon recht klamm unter die Überdachung. Die blonde Standbesitzerin nähert sich mir und raunt mir zu: „5€ Standgebühr!“. Ich mache einen kleinen Schritt zur Seite, stehe nicht mehr auf ihrem Bretterpodest aber immerhin noch unter der Überdachung. „Und jetzt?“ frage ich sie. „Naja,“ sie schaut mich lächelnd an und sagt: „das kostet da nur zweifuffzig“. Ich blicke an ihr vorbei und sehe, wie sich ein Mann hinter ihr direkt mitten unter die Überdachung vor ihre Hutauslage stellt. Also sage ich ihr: „Sie können ihm ja fünfzig Euro Standgebühr abknöpfen. Dann gebe ich ihnen meine 5 und 45 behalte ich für die gute Idee.“ Sie lacht laut und wir quatschen noch einen Moment, wünschen uns gegenseitig noch einen schönen Tag und wunderbare Weihnachten.
Die Latscherei zwischen den Menschenmassen ist anstrengend und wir wenden uns ab, gehen etwas weiter die Stadt hoch und gehen in ein Vietnamesisches Restaurant. Bislang haben uns diese Restaurants mit ihren bunten aber leckeren Essen stets geholfen, über die Runden zu kommen und auch diesmal bekommen wir ein gerade frei gewordenes Plätzchen und haben bald schon das Essen vor uns stehen. Kerstins Ramen ist super und sie verdrückt die Portion mit Appetit. Meine vegetarische Ente hatte natürlich nix von einer Ente und ich fand es auch absolut nicht lecker. Das bedeutet nicht, dass das Essen nicht gut war, aber mein Fall war das gar nicht. Ein Fehlgriff. Trotzdem: das Bäuchlein ist nun voll und damit können wir unsere Tour fortsetzen.
Kaum sind wir draußen begegnen uns eine Frau im Rollstuhl und ihr Begleiter mit einem Rollator zum dritten Mal. Anlaß genug auch mit den beiden jetzt ins Gespräch zu kommen, die sich mit dem Regen, dem teilweise unebenen Pflaster und den auf den Boden liegenden Kabelbrücken ganz schön abquälen. Die beiden wollen nach Hause und suchen einen Taxistand. Mit Hilfe einer jungen Dame am nächsten Café-Stand finden wir heraus, dass es noch 400m bergauf bis zum Taxistand sind und kurzerhand bieten wir beiden an, ihnen dabei zu helfen. Ich kann euch sagen: als Rollstuhlfahrer hast du auf dem Weihnachsmarkt, bergauf, bei Kopfsteinplaster und mit den Kabelbrücken echt verloren. Wir kommen an der angepeilten Stelle an und tatsächlich fährt in diesem Moment ein Taxi vor. Wir verfrachten Frau, Mann, Rollator und Rollstuhl im Taxi und wünschen uns gegenseitig noch schöne Weihnachten. Unser Karmakonto hat heute ein deutliches Plus zu verzeichnen.
Wir gehen zum Auto zurück, pellen uns aus dem Parkhaus raus und fahren zum Gut Wolfgangshof. Das Gut ist weit über die Grenzen für verschiedene Veranstaltungen bekannt (z.B. Halloween) und soll ebenfalls einen schönen Weihnachtsmarkt bieten. Bei den Regenfällen bilden sich rund um das Gut große Pfützen (der Edersee kann da kaum mithalten), die Parkplätze drohen im Schlamm zu versinken und Radlader fahren immer wieder die Gehwege ab um üppig Split aufzutragen damit die Besucher wenigstens einigermaßen laufen können. Auch wenn es einen Euro Parkgebühren und 9€/Person Eintritt kostet: das Gut ist auch sehr heimelig (naja, wenn der Regen nicht wäre), gut besucht (naja, wenn…) und bietet viele interessante handwerkliche Stände.
Wir gehen an einem Stand vorbei (der Chef verkauft hier selbstgebaute und sehr ungewöhnliche Grillkonstruktionen) und bekommen zwei reichlich gefüllte Schälchen mit Gulasch und Gemüse in die Hand gedrückt. Er ist knatschig weil sein Stand ungünstig platziert ist und die Leute an dieser Ecke nicht vorbei kommen. Da will er schon mal was los werden. Das Essen ist heiß, lecker würzig und bringt uns durchnäßte Gestalten ordentlich nach vorne – aber es reicht auch nicht, um noch länger durchzuhalten, denn mittlerweile sind unsere Jacken komplett durch und es ist weiterhin kalt und windig. Also fahren wir nach ‚Hause‘ und hängen unsere Klamotten vor die Heizung in der Hoffnung, dass das bis morgen alles wieder trocken ist.
Dritter Tag: Esslingen, Tübingen und Ludwigsburg
Unser Aufenthalt in Oberdachstetten neigt sich dem Ende zu und nach dem Frühstück packen wir unsere sieben Sachen zusammen und fahren die 167km bis nach Esslingen östlich von Stuttgart.
Mannoman, die haben hier auch ein Parkhaus (Am Dick) in das man lieber nur mit einem Smart hinein fährt und dann im Auto sitzen bleibt weil man die Türen nicht auf kriegt. Am Ende schaffen wir das doch und
Hier hat der Weihnachtsmarkt schon seit vielen Jahren einiges zu bieten. Es geht durch die komplette Altstadt und neben dem Klassiker (mit einer großen Weihnachtspyramide gibt es auch noch einen Mittelalterlichen Markt mit vielen ausgefallenen Handwerkerständen. Der Markt windet sich zwischen den uralten Fachwerkhäusern die Straße runter und es macht Spaß immer wieder stehen zu bleiben und sich alles anzusehen. Da der Tag noch jung ist wollen wir noch die 53km bis nach Tübingen mitnehmen. Das Navi bringt uns direkt mitten rein, aber hier gibt es nicht einen freien Parkplatz und die übrigen sind für Anwohner. Wir gurken etwas abseits rum aber schließlich ist es uns zu weit weg, die Altstadt liegt zu weit oben und wir verlieren die Lust auf den Tübinger Weihnachtsmarkt.
Da fahren wir lieber zu unserem nächsten Hotel, dem Poseidon in Ludwigsburg, essen etwas leckeres und schauen dann mal weiter. Leider hat sich Sabrina zu Hause den Magen verdreht und deswegen haben wir die Gelegenheit, statt ihr einen Besuch zu machen, uns noch den Ludwigsburger Weihnachtsmarkt anzusehen. Es sind rund 1.5km zu Fuß bis dahin und während wir laufen fängt es wieder wunderbar erfrischend an zu regnen. Wäre ja auch ein Ding, wenn wir uns umgewöhnen müssten.

Auch dieser Weihnachtsmarkt ist wunderbar. Dicht gedrängt stehen die Stände auf dem Holzmarkt um den Brunnen herum unterhalb und hinter der evangelischen Stadtkirche. Die Stände werden beschirmt von großen leuchtenden Engeln und weihnachtliche Self-Made-Musik dringt aus einer Hütte in der eine Band ihre Setliste abspielt.
Wir sind müde und unsere Füße möchten auch mal wieder hochgelegt werden. Also laufen wir die Strecke wieder zurück trinken noch etwas im Poseidon und fallen müde ins Bett. Das war eine schöne Tour.
Vierter Tag: Heimreise mit Zwischenstopp
Nach dem Frühstück packen wir erneut unsere Sachen zusammen und fahren nach Hause. Auf dem Heimweg telefonieren wir mit Sabrina, der es wieder besser geht und nach rund 2h Fahrt liegt die bescheidene Holzhütte von Tobi, meinem ehemaligen Kollegen, zwischen Iltis- und Hasenweg. Das man da zwischen den ganzen Viehzeugwegen ein Haus hinbauen kann erscheint mir gewagt, die Wege sind absolut ungeeignet für LKW – und trotzdem hat er das hingekriegt. Was von außen wie eine norwegisches Holzhütte aussieht (davon abgesehen, dass es auch eine ist) ist von innen total charmant und ganz toll ausgebaut. Mit viel Liebe zum Detail und tollen Farben ist jeder Raum ein Hingucker und wir sind ganz begeistert. Nach rund einer Stunde lassen wir Tobi wieder im Homeoffice in aller Ruhe arbeiten und fahren die restlichen 2.5h bis nach Hause.
Fazit: Das war ein tolles langes Wochenende mit vielen erfrischenden Begegnungen, leckerem Essen, vielen Eindrücken und regelmäßigem schwäbischem Regen, den man ja auch mal kennen lernen muss. Auch wenn ich nicht sofort wieder Weihnachtsmarkt brauche, da ‚unten‘ gibt es noch so viele, dass es für mehrere Tourneen reicht.